Muenster-Musik.de - 1987DeckeneinsturzGutachten

 

Foto: Urbancyk

Gutachten von Prof. Dr.Gert Völkl Diözesanmusikdirektor Augsburg

Die Prüfung hat ergeben, dass Schäden zweierlei Art zu unterscheiden sind.
1.Schäden durch den Deckeneinsturz
2.Verschleiß-Schäden

Zu 1.: Durch den Deckenabsturz wurden sämtliche Prospektpfeifen beschädigt, der Prospekt-Holzrahmen wurde stark beschädigt, ebenso die Schleierbretter und andere Verzierungen. Besonders stark beschädigt wurden die auf den Prospekttürmen aufsitzenden Figuren. Zerdrückt und abgerissen wurden der Mechanismus beider Schwellkästen. Da die oberen Schwell-Jalousien gleichzeitig zugedrückt wurden, konnte zu beiden Oberladen der Schwellwerke nur verhältnismäßig wenig Schmutz eindringen. Große Mengen Mörtel fielen dagegen in die unteren Schwellwerksteile und v. a. die offenen Haupt- und Pedalwerke. Auch der Spieltisch samt Klaviaturen und Register-Einrichtung wurde durch aufschlagende Deckenbrocken beschädigt.

Zu 2.: Unabhängig von den genannten Schäden weist die Orgel starke Verschleißmängel und starken Holzwurmbefall auf … unbedingt müssen gleichzeitig auch die Verschleißmängel behoben werden.

Die Orgel … stellt mit ihren 69 Registern ein eindrucksvolles Erzeugnis ihrer Entstehungszeit dar. Wegen ihres ganz spezifischen, spätromantischen Klangcharakters kann auf ihr allerdings nur die Orgelmusik des 19. und ein Teil der Literatur unseres Jahrhunderts dargestellt werden. Alle andere Orgelmusik, auch diejenige J.S.Bachs kann auf ihr nicht adäquat gespielt werden. Zur Lösung des Orgelproblems gibt es zwei Möglichkeiten:

1.Restaurierung der vorhandenen Orgel ohne
Veränderungen und Bau einer zusätzlichen kleineren klassischen Orgel mit etwa 25 Registern

2. Abbruch des jetzigen Orgelwerks und Bau einer neuen Orgel mit etwa 40 Registern unter Beibehaltung des jetzigen Orgelprospektes. Beide Lösungen bringen etwa die gleichen Gesamtkosten. Aus Verantwortung den Leistungen unserer Orgelbau-Vorfahren gegenüber ist die Lösung eins entschieden der Vorzug zu geben.

Gutachten durch Dr.Sixtus Lampl vom Landesamt für Denkmalspflege

…Aus denkmalpflegerischer Sicht kann in dieser Situation nur eine Wiederherstellung des Orgelwerkes in seinem Bestand von 1924 in Betracht kommen. Eine solche Wiederherstellung des Rokoko-Gehäuses, ist technisch möglich; alle defekten Teile wurden ungeachtet des Grades der Zerstörung sorgfältig aufgelesen und in einem separaten Raum gelagert. Eine Wiederherstellung der spätromantischen Steinmeyer-Orgel ist auch noch aus drei anderen Gründen geboten:

1. handelt es sich um ein charakteristisches, die Klangideale seiner Entstehungszeit dokumentierendes Orgelwerk, dem Denkmaleigenschaft zukommt.

2. Dieses Orgelwerk hat bereits Seltenheitswert, da derartige Instrumente meist schon dem Modernismus zum Opfer gefallen sind

3. Die Steinmeyer-Orgel ist in instrumentalbaulicher Hinsicht eine adäquate Leistung zu der Freskierung durch Kolmsberger nach dem Brand von 1922. Die Wiederherstellung des Raumzustandes von 1922 kann also hier durch die Wiederherstellung der gleichzeitigen Orgel ergänzt werden.

Wegen der anzustrebenden Wiedergewinnung des originalen spätromantischen Klangbildes sollte zur Ergänzung der kirchenmusikalischen Aufführungspraxis eine neue Schleifladen-Chororgel auf die nördliche Seitenempore in Erwägung gezogen werden. Mit der Aufstellung einer solchen (sofern diese nicht in die Brüstung der Chorempore eingeschnitten wird/kein Rückpositiv) besteht aus denkmalpflegerischer Sicht grundsätzlich Einverständnis.